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On-Demand-Angebote

Lösungen für die letzte Meile

Ein Bild zeigt einen Mann, der am Wiehler Busbahnhof ein On-demand-Angebot nutzt.
Bestmöglicher Anschluss: On-Demand-Angebot am Wiehler Busbahnhof.

Mit dem Bus zu fahren ist super – vorausgesetzt, es kommt einer. Ein alter Witz, der für viele Menschen im ländlichen Raum viel zu oft Realität ist. Neben der Taktung kritisieren viele Menschen auf dem Land die Erreichbarkeit des ÖPNV, insbesondere die sogenannte „letzte Meile“ – die Strecke zwischen dem Wohnort und der nächstgelegenen Haltestelle.

Ausreichend ist nicht gut genug

Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) hat die Erreichbarkeit von Haltestellen untersucht. Diese sieht das Institut als ausreichend gegeben an, wenn Menschen höchstens 600 Meter Luftlinie von der nächsten Bushaltestelle oder 1.200 Meter Luftlinie vom nächsten Bahnhof mit mindestens 20 Fahrtmöglichkeiten am Tag entfernt wohnen.

Ein Portrait zeigt Andreas Falkowski, Fachgruppenleiter Kommunale Verkehrsplanung beim Zukunftsnetz Mobilität NRW.

„Diese sogenannte ausreichende Erreichbarkeit kann aus unserer Sicht allerdings keinesfalls mit guter Erreichbarkeit gleichzusetzen sein. Gemessen an den Mobilitätsbedürfnissen der Menschen bedeutet sie eher »unterste Schmerzgrenze«.“

Andreas Falkowski, Fachgruppenleiter Kommunale Verkehrsplanung beim Zukunftsnetz Mobilität NRW

„Unterste Schmerzgrenze“ ist kein Maßstab

Die Allianz pro Schiene hat die Ergebnisse des BBSR in einem Erreichbarkeitsranking aufgearbeitet. Nach diesem Ranking steht NRW mit 95,8 Prozent Erreichbarkeit auf Platz drei der Flächenländer in Deutschland. „Doch mit der »untersten Schmerzgrenze« kann NRW sich nicht zufriedengeben“, findet Andreas Falkowski. „Unsere Mitgliedskommunen wollen die Mobilitätswende erreichen. Dafür brauchen wir einen gestärkten ÖPNV – er bildet das Rückgrat der Mobilitätswende. Attraktive Angebote verkürzen die letzte Meile und bringen den ÖPNV nah an die Wohnorte der Menschen.“

Lösungsansätze gibt es bereits, etwa das Anrufsammeltaxi (AST) oder Anruflinienfahrten (ALF). Doch Fahrgastbefragungen zeigen immer wieder, dass die Zugangshürden dieser Angebote Nutzer*innen eher abschrecken: In der Regel muss die Fahrt 60 Minuten vorher telefonisch bestellt werden und der Abholpunkt ist eben diese ÖPNV-Haltestelle, die vielen zu weit weg ist.

Innovative On-Demand-Angebote als Lösung

Doch diese Nutzungshürden können durch Digitalisierung beseitigt werden. So werden aus den klassischen AST oder ALF innovative On-Demand-Angebote, die besonders im ländlichen Raum einen wichtigen Stellenwert in der Mobilitätswende einnehmen können. Mithilfe der Digitalisierung kann ein nachfragebasierter Ansatz die bestehenden Angebote optimieren. Bei der Buchung kann jeder Fahrgast Abholzeit, Start- und Zielort individuell bestimmen und wird durch das System einem freien Fahrzeug zugeordnet. Gleichzeitig werden ähnliche Anfragen überprüft, die über die von den Fahrgästen genutzten Apps hereinkommen. Der Algorithmus verteilt die Fahrgäste so auf die Fahrzeuge, dass der Umweg jeder Fahrt minimal gehalten wird. Das reduziert nicht nur die Zahl der Einzelfahrten, sondern entlastet auch die Verkehrsinfrastruktur.

Zwar ist genehmigungsrechtlich weiterhin vom ÖPNV-Aufgabenträger eine Haltestelle als Abfahrts- und Zielort zu definieren, diese kann aber als sogenannte „virtuelle Haltestelle“ auch jeder Laternenpfahl in einem Gemeindegebiet sein. Kommunen können sie mit einem einfachen Aufkleber kennzeichnen, ohne größere Kosten durch Ausgaben für die Haltestelleninfrastruktur.

Gegenwart trifft Zukunft

Sammeltaxis sollen von wesentlich flexibleren On-Demand-Angeboten – teils ausgestattet mit nachhaltigen Antriebskonzepten – abgelöst werden.

Gegenwart trifft Zukunft

Sammeltaxis sollen von wesentlich flexibleren On-Demand-Angeboten – teils ausgestattet mit nachhaltigen Antriebskonzepten – abgelöst werden.

Eine Bildergalerie zeigt verschiedene Fahrzeuge sowie den Anschluss eines E-Mobils an eine Ladesäule.

Richtige Schlüsse ziehen mit Evaluation

Im Rahmen des Landeswettbewerbs „Mobil.NRW – Modellvorhaben innovativer ÖPNV im ländlichen Raum“ fördert das Land NRW landesweit 15 Modellvorhaben, die den ÖPNV im ländlichen Raum mit innovativen Angeboten verbessern sollen, darunter auch On-Demand-Lösungen. Hier soll in den verschiedenen Anwendungsfällen beispielhaft erprobt und untersucht werden, wie die Maßnahmen zum Gelingen der Mobilitätswende im ländlichen Raum beitragen können. Für die geplanten Angebote stellt die Landesregierung insgesamt 30 Millionen Euro zur Verfügung.

Diese Mitglieder im Zukunftsnetz Mobilität NRW führen die 15 Modellvorhaben durch:

  • Stadt Aachen
  • Stadt Borgholzhausen
  • Stadt Gronau
  • Stadt Gütersloh
  • Stadt Höxter
  • Stadt Hürth
  • Stadt Kleve
  • Stadt Lennestadt
  • Stadt Münster
  • Stadt Neukirchen-Vluyn
  • Gemeinde Roetgen
  • Kreis Coesfeld
  • Kreis Euskirchen
  • Märkischer Kreis 
  • Rhein-Sieg-Kreis

Um die Ergebnisse der Modellprojekte optimal auswerten und auf andere Kommunen als Musterlösung für bessere Mobilität übertragen zu können, evaluiert das Zukunftsnetz Mobilität NRW die 15 Modellvorhaben im Auftrag des NRW-Verkehrsministeriums. Untersucht werden die Qualität des Angebots (etwa Takt, Dichte des Haltestellennetzes, Barrierefreiheit), die Nachfrage und verkehrliche Wirkung (zum Beispiel Fahrgastzahlen) sowie die Wirtschaftlichkeit (etwa Kostenentwicklung, Personalbedarf oder Fahrzeugkosten). Außerdem werden die Auswirkungen auf den Klimaschutz untersucht und auch die Kommunikation der 15 Modellvorhaben wird evaluiert. Um die Kund*innenzufriedenheit abzufragen, werden im Laufe des jeweiligen Projekts auch Fragebögen an die Fahrgäste verteilt und über QR-Codes in den Fahrzeugen verfügbar gemacht. Die Evaluation ist 2021 gestartet, die Ergebnisse werden im Jahr 2025 veröffentlicht.

Ein Portrait zeigt Theo Jansen, Leiter der Geschäftsstelle des Zukunftsnetz Mobilität NRW.

„Wir brauchen für die Mobilitätswende einen verlässlichen und attraktiven ÖPNV. Durch unsere Evaluation erhalten die Kommunen wichtige Hinweise für die attraktive Gestaltung des ÖPNV vor Ort, der die Menschen zu einer Nutzung einlädt.“

Theo Jansen, Leiter der Geschäftsstelle des Zukunftsnetz Mobilität NRW

Das sind die Vorhaben aus dem VRS-Verbundraum

Kreis Euskirchen, E-Bike-Sharing-System 

Aufbau eines E-Bike-Verleihsystems mit insgesamt 110 E-Bikes, die an zehn zu Mobilstationen ausgebauten ÖPNV-Haltestellen sowie an 20 virtuellen Stationen zur Verfügung stehen sollen.

Rhein-Sieg-Kreis, On-Demand vs. Ortsbus

Einführung einer neuen Ortsbuslinie als – bislang nicht bestehende – umsteigefreie Querverbindung zwischen den beiden Hauptorten der Gemeinde Neunkirchen-Seelscheid mit Anbindung weiterer Ortschaften. Zeitgleiche Einführung eines On-Demand-Dienstes abseits der durch den Busverkehr erschlossenen Bereiche des Gemeindegebietes. Beide Systeme sollen systemisch verglichen werden.

Stadt Aachen, NetLiner

Einführung eines bedarfsgesteuerten Ridepooling-Angebotes im Aachener Norden (Ortsteile Laurensberg „Zentrum“, Vetschau, Richterich, Grünenthal, Seffent, Orsbach, Lemiers sowie die Uniklinik und das Hochschulerweiterungsgebiet Campus Melaten)

Stadt Hürth, On-Demand

Ersatz des Anrufsammel-Taxi-Systems durch einen On-Demand-Ridepooling-Service. Das Angebot soll 24 Stunden an sieben Tagen der Woche zur Verfügung stehen und zunächst eine maximale Wartezeit von 30 Minuten garantieren.

Erfahrungsaustausch für alle On-Demand-Vorhaben im Rheinland

Darüber hinaus führt das Zukunftsnetz Mobilität NRW zusammen mit den Kolleg*innen von go.Rheinland, Verkehrsverbund Rhein-Sieg (VRS) und Aachener Verkehrsverbund (AVV) seit 2020 regelmäßige Erfahrungsaustausche mit allen On-Demand-Vorhaben im Rheinland durch. Sowohl die ÖPNV-Aufgabenträger als auch die Verkehrsunternehmen nutzen diese Austauschformate jedes Mal sehr intensiv, um sich praxisorientiert zu den verschiedenen Bausteinen, wie Tarif, Fahrzeuge, Buchungsplattform, Bediengebiete, Kommunikation etc. auszutauschen.

Einbindung in ÖPNV-Auskunftssysteme

Bisher ist es eine große Herausforderung, die On-Demand-Verkehre in die gängigen Auskunftssysteme einzubinden. Dieses große Manko der bisherigen On-Demand-Plattformen versucht der VRS aktuell in einem gemeinsamen Projekt mit der Stadt Bergheim und der REVG zu beheben. Im „Kraftraum-Shuttle“ ist es die Aufgabe des VRS, die Tiefenintegration einer On-Demand-Plattform in die ÖPNV-Auskunftssysteme umzusetzen. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr sowie das Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen fördern das Projekt im Rahmen der Strukturwandel-Förderung.

Ein Portrait zeigt Dr. Norbert Reinkober, VRS-Geschäftsführer.

„Mit dem »Kraftraum-Shuttle« haben wir die Perspektive, eine unabhängige, öffentliche On-Demand-Plattform aufzubauen, die es ermöglicht, dass On-Demand-Angebote den Kund*innen auch in den gängigen Auskunftssystemen vollintegriert mit angezeigt werden.“

Dr. Norbert Reinkober, VRS-Geschäftsführer

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